EIN LOCKENKOPF AUF GROSSER FAHRT: ALLE (RAD)WEGE FÜHREN NACH BERLIN!

„Nichts ist so hart wie das Leben. Wenn sagt was man denkt, muss man mehr als alles geben.“ …sangen einst die Onkelz.

So hatte ich seit Jahren die Schnapsidee im Kopf, mit Fahrrad spontan mal nach Berlin zu fahren. Jedem dem ich diese Idee offenbarte, erklärte mich für bekloppt. Schön! Genauso muss das sein! Die Zeit verging im Flug und die Jahre zogen ins Land und so kam durch einen dummen Zufall und dank Corana nun dieses offene Zeitfenster genau für diese Idee, sie in die Tat umzusetzen….gesagt, getan und so sprang ich auf Katoffelbrei und ritt davon. Grüßte noch freundlich alle Nachbarn in meinem Dorf ab, die ich traf. Gefühlt wie in den 80er Schlüpferkracher mit Karl Dall, der auf sein Fahrrad davon fuhr nach Ibiza und Opa ihn noch hinterher rief….“Aber wenn’s dunkel ist, biste wieder zurück.“ 

So ist es, dass Kind im Kopf, dass niemals erwachsen werden will. Immer auf der Suche nach neuen Abenteuer dem dem Kick, flüchten wir Erlebnisorientierte Jungebliebende ständig vor dem Alltag und seinen Trott. 

Mein erstes kleines Ziel war Müllrose, der Siedepunkt des Schlaubetals. Ich muss sagen wir haben hier echt gut ausgebaute Radwege genauso gut wie abtranierte Hunde hinter den Zäunen unserer Dörfer, die nur auf solch zwiespältige Gestalten wie mich warten…Amen!

Der Weg führte mich über Neubrück weiter in Richtung Fürstenwalde und ab dem Punkt nur noch die Natur Brandenburgs und die Einsamkeit, die man Zwangsläufig hier lieben muss, entlang der Spree und dem Oder-Spree-Kanal. Alle anderen Fahrradtouristen, die ich irgendwie sofort an der gleichen auffälligen Kleidung erkannte, kamen mir irgendwie immer nur entgegen. Zu meinem erstaunen waren sie sehr schnell lernfähig und grüßten genauso wenig, wie der mufflige Brandenburger. Ich schaute mich grinsend an und dachte…einmal Punk, immer Punk!

Es stellte sich schnell heraus, dass auch bei uns Aktionskunst gelebt wird und der Tourist noch viel vom Brandenburger Impressionismus lernen kann…

Das farbige junge Mädchen mit ihrem Freund, die vor meinem Erscheinungsbild wegrannten, taten mir richtig leid. Aber ich kann es ihnen ja nicht mal verübeln hier in Brandenburg bei so manchen Hillbillys, die sich von den Medien herumwirbeln lassen.

Mit Erstaunen stellte ich nach der Hälfte der gut 110 Kilometer in Fürstenwalde fest, dass meine größte Sorge, dass mein linkes Knie und die alte Kriegsverletzung, die ich mir Anfang der 90er in der Plattenbauwohnung auf VHS in Karate Tiger 3 gegen Jean-Claude Van Damme und dem Fernseher zuzog, gut durchhielt.

Ab Hangelsberg ging es gefühlt auf Zweirrädern nur noch in eine Richtung und ich Blinker links gesetzt immer schön dran vorbei. Getreu dem DDR-Punk-Hit der Band Einsatz „Die freie deutsche Jugend stürmt Berlin“. Generell wurde das Treiben auf den Bürgersteigen und Fahrradwegen immer mehr. Es huschte einem auf mal ein Lächeln oder Hallo entgegen und man wurde persönlich nicht mehr als Fremdkörper identifiziert. 

Als ich das zweite mal nach Berkenbrück (A12) wieder auf einer kleinen Fußgängerbrücke die Autobahn des Berliner Rings (A10) passierte, wusste ich, ich habe dieses schlechte drittklassige Länderspiel auf dem Bolzplatz für mich entschieden. Das Ortseingangsschild Berlin Köpenick zu passieren war nur noch reine Formsache. Als was jetzt kommt ist Bonus des heutigen Tages.

In Berlin Fahrradfahren muss man mögen. Das ist wie ein guter Skateparcour. Wenn du nicht gerade in den Straßenbahnschienen grindest oder ein Wallride an den vorbeistreifenden Autos machst, musst du aufpassen das dir nicht ein anderer Radfahrer oder Fußgänger rammt. 

Letztendlich mit Verfahren sind es gute 130 Kilometer geworden. War doch überhaupt nicht schwer. Das ganze ist dann doch nur eine reine Kopfsache. Was man sich vorher ausmalt ist schlimmer als die eigentliche Tat. 10:15 Uhr gestartet 15:00 Uhr das Ortseingangschild gestreift.

Fontane der Verfechter der Mark Brandenburg wäre stolz auf mich und Herman Hesse würde mir auf die Schulter klopfen…schön das innere Kind bewahrt. Aber Outlaw bleibt Outlaw. Auch in Berlins Treppenaufgängen.

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