40 JAHRE EA 80: DIE JAGD AUF DIE BOX!

Wo spielt die Musik?

 

Das Möchengladbacher Irritations-Monument feiert 2019 sein 40jähriges Bestehen mit einer ganz besonders hübschen Geschenk-Idee an sich und die Fan-Gemeinde:

Einer 7“ Box mit 42 (!) Songs auf sieben 7“s verteilt. Diese sieben 7“s erscheinen selbstverständlich auf sieben verschiedenen Labels, wie soll es anders sein. Dabei handelt es sich ebenso selbstverständlich um obskure Kleinst-Labels, von deren Existenz bis dato nur Über-Nerds Kenntnis hatten.

Einzige Ausnahme: STATIC AGE aus Berlin-Neukölln, hier wurden in der Vergangenheit schon diverse D/Swiss-Punk-Klassiker als Reissues wiederbelebt: HONKAS, BETONCOMBO, HARNRÖHRER, GLUEAMS, T.N.T. etc.

Zur Box: Die Box ist in Fragen von Optik und Haptik schon ein Gesamtkunstwerk für sich, nicht nur ausgewiesene Koleopterologen fallen hier in begreifliche Extase. Kann man durchaus als gelungene Hommage an die PUSMORT-Großartigkeiten von Altmeister Pushead bezeichnen, hier isst das Auge definitiv mit. Auch wenn es nur präparierte Käfer sind.

Selbstverständlich (in dieser Szenarie denkt man gern „absolut“) sorgte dieses wundervolle Artwork in der EA 80-Fangemeinde für Aufschrei und Entsetzen, die Puristen winden sich noch immer in schmachvoller Pein. Grund: Das Artwork ist bunt. Tief Luft holen und sacken lassen. Ein EA 80-Tonträger mit knallbunter und GESTOCHEN scharfer Makro-Photographie. Nicht dezent eingefärbt wie etwa „Schweinegott“ oder „Alle Ziele“ und in alter Tradition gekörnt–verwackelt-verschwommen in der Darstellung. Nein, knallbunt und gestochen scharf. Gab es noch nie. Majestätsbeleidigung! Antagonismus! Bildersturm!

Die Fangemeinde aus der gedimmten Komfort-Zone ins Licht gezerrt. Mit 5 KW angestrahlt.

Galten schon EA 80 selbst, aufgrund ihrer früheren Release-und Gig-Politik, als recht schwierig, gelten ihre DieHard-Fans als noch schwieriger (im Münsteraner Religionskatechismus werden EA 80-Fans unter „deutlich dogmatischer als Calvinisten, Sunniten und Donaldisten“ geführt, sind Inbegriff für ultra-orthodoxe Weltanschauung). Korinthen-Kacker, Erbsenzähler, Verschwörungs-Theoriker, Dackelzüchter, Briefmarken-Sammler und Schwarzmaler mit einem gemeinsamen Nenner. Und nun das: Ein knallbuntes Artwork! Apocalypse vor dem Plattenschrank, Herzrasen und Kolibri-Puls inklusive.

Kaum hatte sich die erste Aufregung gelegt („Woher bekomme ich meine Erstpressung?“), da schlug das Imperium knallhart und knallbunt zurück. Die schwarz-weiße EA 80-Welt wurde erbarmungslos in Farbe getaucht. Sehr schön. Und vor allem gelungen.

Hier einige besonders repräsentative Beispiele:

Neben dem Artwork-Affront wurden natürlich auch die enthaltenen Songs selbst kritisiert, die Glaubensgemeinschaft geht mit ihren Propheten hart ins Gericht: „Sinnloses Geschrammel!“ „Was soll das?!“ „Hat nichts mit EA 80 zu tun!!“ „Totaler Müll!“ Hausmeister Krause und Alfred Tetzlaff reloaded.

Zugegeben, EA 80 hatten sich im Vorfeld eine recht schwierige Aufgabe gestellt: 42 Songs in 42 Minuten. Das schafften bis dato nur GANG GREEN, D.R.I. und ANAL CUNT (7 MINUTES OF NAUSEA und ähnliche Gemetzel-Spezialisten fallen hier bewußt aus der Wertung).

EA 80 haben diese Aufgabe interessant gelöst: Kleine-feine Song (Fragmente), auf das Wesentliche reduziert aka gekürzt, dabei immer clever im Text, kreativ im Ton. Extrem abwechslungsreich, schwer irritierend, anders als die anderen Kinder. Ein vertonter Zettelkasten, Schnipsel-Collage, Puzzle, Mosaik. Junge schreit, tobt, flüstert, schmeichelt, bezirzt, kratzt und beißt. Verstörende Vielfalt in 42-Akten: Vom schroffen WIPERS-Trasher zum bedächtigen Geplänkel und zurück. Dabei immer EA 80.

Vereint im Uneins: Band und Anhang hatten schon 1984 nicht diesselbe Blickrichtung (siehe Bild oben), auch hier lebt man Tradition.

Übrigens: Wem es wirklich nur um die Musik geht, der kann sich entspannt zurücklehnen und etwas Fahrt aus der Jagd nehmen:

Die Zweitauflage der Box ist gerade unterwegs ins Presswerk, eine LP-Version wurde für 2020 angekündigt. Alles ganz easy also.

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