Dr. Mark Benecke im Friedrich-Wolf Theater (Eisenhüttenstadt) 2015 – Bericht

Dr. Mark Benecke – Eine Vorlesung der etwas anderen Art oder anders gesagt, eine 3 stündiges Seminar und Weiterbildung in Kriminalbiologie im Friedrich Wolf Theater in Eisenhüttenstadt

Mark-Benecke

3 Tage vorher durch unseren Lieblingsradio Sender (Radio Eins), entschieden wir (Maria und ich) uns spontan, mal wieder das gute alte Friwo zu beehren, wenn schon mal solch eine Ikone der alternativen Szene unsere Stadt besucht. Schnell noch zwei Tickets im VVK im Tourismus Verband gezogen.

Am Abend selber, im ausverkauften Theater (ca. 800 Plätze) mussten wir uns erstmal mit den ganzen spießbürgerlichen gestalten unserer Stadt arrangieren. Bei Veranstaltungen, die im Rahmen der Stadtverwaltung organisiert werden, kommt oft eine künstliche und gezwungene Art auf. Die Stimmung im Voyer war sehr komisch. Also Augen zu und schnell einen schönen Platz ergattern.

Die lockere Art vom Dr. Benecke an seinem Rednerpult tat sein Übriges, um uns ein wenig zu lockern und einem Abend der anderen und besonders Art zu erleben. Ich glaube aber fest, dass von einigen Leuten ihr Weltanschauungsbild an diesem Abend ganz schön gelitten hat. Oder wie Mark es zum Schluss so schön sagte, hoffentlich schlafen sie heute noch gut.

Bevor die Lesung begann, beschallt der Dr. uns mit selbst zusammen gestellten Videoclips von EBM, Elektro & Trash Videos und paar lustigen Sprüchen zwischen durch. Als die Vorlesung begann, dokumentierte er erstmal seinen Weg nach Eisenhüttenstadt mit sämtlichen für ihn kuriosen Fotos und Begegnungen in verschiedenen Städten auf seiner Tour. Er erklärte uns dabei, wie er die Sachen im Alltag urteilsfrei beobachtet und analysiert, wie ein kleines Kind. Von Linz zeigte er uns ein Foto von Tauben, die in einem Baum sitzen. Dann erklärte er uns, dass nie Tauben in Blumen sitzen und es höchst ungewöhnlich sei. Besonders weil es so viele waren. Seine Vermutung lag darin, dass der Bahnhof neben dem Baum, wo die Tauben säßen, mit irgendetwas sein musste, damit dort nicht die Tauben sitzen. Gerade solch ungewöhnliche Gedankengänge, bringen einem doch bei einem Fall zu Lösung ohne auch nur annähernd mit seinen eigenen moralischen und sozialen Wertvorstellung ran zu gehen. Es ist auch wichtig, dass soziale und geschichtliche Umfeld der Region zu kennen, da doch sehr die sozialen Bedingungen und Wertvorstellungen von Region zu Region abweichen. Denken wir nur an den Kontrast zwischen Ost und West oder zwischen Großstadt und Provinz. Als er in Eisenhüttenstadt nun endlich ankam, war das erste was ihm auffiel das Graffiti am Bahnhofsgebäude mit dem Slogan: „Ich bin kein Rassist – ich hasse euch alle!“ Sehr schön dieses Foto, dazu im Friwo, mit all den Leuten zu sehen 😉 Seine Antwort dazu war irgendwie: „An den Wenden in dieser Stadt wird die Meinung gleich klargestellt. Ein schöne Mischung zwischen, hier wird sich gerechtfertigt aber auch die Richtlinie gleich klar gestellt.“ Nach dieser langen aber auch Kopfreinigenden Einleitung konnte dann das Publikum entscheiden, welches Thema es sein sollte. Das Publikum wählte demokratisch und fast einheitlich „Serienmörder“ und somit blieb nicht viel Spielraum für nörgeln und meckern.

Zum Einstieg ging es dann erst um den Fall Armin Meiwes, der als Kannibale von Rotenburg bekannt wurde. Im März 2001, als er sich mit Bernd Brandes (das Opfer) traf, trennte er mit dessen Einverständnis Brandes Penis ab und verspeiste ihn hinterher gemeinsam mit ihm. Nach dem Mahl tötet Meiwes Brandes angeblich mit dessen Einwilligung. Jetzt stellte sich die Frage, wie geht man mit diesem Menschen um. Und wie ordnen Ermittler solche Taten ein und wie werden Spuren am Tatort gesammelt, bewertet und eingeordnet.

Dann berichtete er ausführlich von einem Fall aus den 60er Jahren. Jürgen Bartsch ein pädophiler Serientäter der damals 4 Kinder Missbraucht und dann getötet hat. Das ist dann schon echt harter Tobak an einem Donnerstagabend, vor allem wenn man selber Kinder hat. Aber dennoch, diese menschlichen Abgründe befinden sich mitten unter uns und das wurde dem Publikum auch ordentlich unter die Nase gerieben.

Das analysieren solcher Fälle auch aus der Vergangenheit ist wichtig, so können die Ergebnisse auch heute den Ermittlern noch hilfreich sein. Auch ist es möglich mit heutigen Erkenntnissen und Wissen neue Schlüsse zu ziehen und Dinge neu zu bewerten.

Das ist das spannende, auch wenn man „nur“ Zuhörer oder Zuschauer ist, wie die Ermittler so vorgehen und wie Ihre Gedankengänge und Methoden sind und das jenseits von CSI und Co..

Da könnte man fragen ja und nu, warum soll ich mir drei Stunden Gelaber über Leichen reinziehen?

Benecke will nicht nur über seine Arbeit an sich sprechen. Man hat das Gefühl, dass er sensibilisieren möchte. Er will, dass die Leute aufmerksam durch die Welt gehen. Hinter jedem Täter steckt ein Mensch und die Menschen die dahinter stecken, haben bestimmte Neigungen oder Störungen, die manchmal alleine durch aufmerksames zuhören und beobachten erkannt würden, wenn man ihnen nur richtig zuhören würde und Aussagen einzuordnen wüsste. Man bekommt einen Crashkurs wie Täter vorgehen welche bestimmten Muster sich von Tat zu tat wiederholen was abweicht, was eventuelle Beweggründe sind, welche psychischen Störungen dahinter stecken könnten und wie der soziokulturell Hintergrund zu beleuchten ist und wie wichtig er sein kann ein Fall aufzuklären.

Das war alles sehr interessant, teilweise natürlich auch schockierend, aber ich gehe mit der Erkenntnis heute Abend nach Hause, das aufmerksames beobachten und zuhören wichtig ist, denn jeder dieser „Monster“ ist ein Mensch wie du und ich.

Im Vorfeld des Abends sprach ich mit ein paar Leuten über Dr. Mark Benecke und seiner Arbeit und seinem weiteren vielfältigen Engagement. Jemand meinte zu mir, dass er mit Sicherheit ein paar Angestellte für das alles hat. Der Dr. erklärte dann am Abend, dass man diesen Beruf über die staatlichen Institutionen ausführen kann, Abgesichert aber auch klar mit engen Regeln verbunden. Man kann ihn aber auch Freiberuflich und Alternativ ausführen, wie er und ein paar seiner Kollegen, dabei muss man dann aber auf das sichere regelmäßige Einkommen verzichten. Er hat dafür aber die Freiheit ganz ungezwungen an die Fälle ran zu gehen. Kurze Einblicke in seinen Alltag z.B., dass er nicht viele Sachen im Leben brauche, er verzichtet Bsw. auf ein Auto, hat keine Wohnung, lassen erahnen, dass was wie Leichtigkeit aussieht auch manchmal verdammt hart sein kann. Seine ganzen Arbeiten, Sachen, Bücher, Booking etc. managed er komplett alleine und lediglich seine Freundin greift ihm unter die Arme. Soviel mal am Rande dazu, wie etwas nach Außen richtig groß und professionell scheint, aber lediglich durch viel Leidenschaft, Arbeit, Herzblut und voller Überzeugung betrieben wird. Lustig war noch, dass sich Polizisten, Studenten, Krankenschwestern usw. Diese Vorstellung als Weiterbildungsstunden abstempeln lassen konnten. Mehr möchte ich euch gar nicht von diesem Abend erzählen, da ihr ihn euch lieber mal selbst vielleicht bei einem Vortrag selbst anhört/anschaut.   (Thomas x Lockenkopf-Fanzine)

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