Ein Leben auf der Überholspur!

SchlaglochEinmal bitte von Eisenhüttenstadt nach Dresden, Bratislava, Torgau, Dresden und zurück. Oder vielleicht besser gesagt 1700km in nicht mal 48 Stunden. Ein Leben auf der Überholspur.

Es neigt sich langsam zum Ende der Woche und ich habe mehr als gewaltig die Schnauze voll. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Rotze läuft und ich bin gestresst wie ein überfetteter Manager der sich nur von Kaffee, Zigaretten und ungesunden Essen ernährt. Der mehr als 24 Stunden am Tag nur für seine Firma da ist, von Termin zu Termin eilt und dabei langsam aber sicher die Nerven verliert. Geradlinig zu sein und das Wort zu halten wird in dieser heutigen Zeit immer schwieriger. Es gibt einfach immer mehr Leute, die nicht mehr als nur reden und sich dabei noch so toll vor kommen. Von diesen Menschen habe ich leider mehr als genug in all den Jahren, kommen und gehen sehen. Da hilft nur noch eins! Raus und ab nach vorne!
Es wird Zeit für einen Tapetenwechsel, um die Gedanken neu zu sortieren und das Ziel vor den Augen nicht zu verlieren. Während andere sich genau in diesen Situationen in Alkohol oder Drogen verfangen, habe ich für mich zwei Sachen im Leben gefunden, um genau dieses Ventil aufzumachen. Die Sinne wieder zu schärfen und das Ziel in diesem Wirrwarr der sich Alltag nennt, nicht zu verlieren. Autofahren und schreiben sind für mich zu Geheimwaffen geworden.

Pünktlich um 6:00 Uhr klingelt Freitag morgen der Wecker, aber meine innere Uhr hat mich schon um 5:00 Uhr morgens aufstehen lassen. Ich schaue aus dem Fenster und denke, das kann doch wohl nicht wahr sein. Alles Schnee bedeckt, soweit das Auge reicht. Ausgerechnet an dem Tag, wo du auf Tour fahren willst; „Ist ja wieder typisch“, denke ich mir. Während ich im verotzten Standby- / Schalfmodus versuche mit dem Handfeger den Schnee von den Windschutzscheibe zu holen, ist es auch schon passiert, dass Dilämmer. Die abgebrochene Antenne rammt sich durch mein Zeigefinger und das Blut läuft wie auf Bestellung, nur so los. Taschentuch rum und ab ins Auto. Olaf abholen, Sitze einbauen und Kisten einladen. Die Straßenverhältnisse zeigen mir das ein konzentriertes Fahren heute mehr als notwendig sein wird. Die Angst einen Unfall zu bauen ist heute ein stetiger Begleiter im Nacken. Schon unterwegs auf den weg nach Hütte fällt mir auf, das ich meinen Ausweis vergessen habe. Als Olaf zusteigt und seinen Rucksack und Schlafsack hinten hinein wirft, fällt mir das Zweite auf, was fehlt. Nachdem der Finger auch nicht aufhört zu suppen, ist ein Stopp nochmal zu Hause, mehr als notwendig. Maria und Helena schauen mich entgeistert an und Fragen mich gleich; „Was willst du denn schon wieder hier?“. Es ist mittlerweile schon 8:00 Uhr, die Straßen verschneit und um 9:30 Uhr sollten wir pünktlich in Dresden sein. Shit happens! Denke ich mir, als Maria meinen Finger verbindet, dass Blut läuft nur so und wir mit Olaf erstmal gemütlich einen Kaffee trinken. Und ab, weiter geht die Fahrt! Jetzt nicht nur im Kopf, sondern endlich auch auf der Straße. Wir kämpfen uns schleppend mit 80km/h Durchschnittsgeschwindigkeit nach Dresden durch und landen im Proberaum von High Society gegen 11:00 Uhr. Es wird nicht lange gefackelt und alles, auf professionelle Art & Weise verladen. Man glaubt garnicht als Außenstehender, was so ein Tourbus für ein Umschlagplatz sein kann. Da werden für die eine Band die Shirts verladen und mitgenommen, die gestern Nacht noch auf dem letzten Pfiff gedruckt wurde. Für das andere Label die Bestellung an Platten übergeben und die Flyer für die nächsten Konzerte vom Verein XY über 3 Umwege überreicht. Definitiv eine andere Welt.
Ab auf die Autobahn in Richtung Prag und Feuer frei! Während alle im Bus die letzten Tage auswerten und so langsam mit Bier sich für das Wochenende warm trinken, ziehe ich mich langsam immer mehr in mich zurück. Ich lasse die Orte, Wälder und Autos an mir vorbeiziehen und sortiere mich dabei im Gedanken neu, und werfe bei jedem Kilometer ein Stück Balast über Bord, der mich in meinen Kopf stört und bedrückt. Zum Glück wird das Wetter in Richtung Süd-Osten immer besser und die freien Straßen helfen mir dabei, mich langsam zu entspannen und förmlich ein meditatives Stadium zu erreichen. Es ist mir langsam alles scheißegal was wieder die Woche schief lief, und es ist mir auch scheißegal, wieviel Arbeit und Stress nächste Woche wieder auf mich warten. Das einzige was jetzt zählt, ist das hier und jetzt. Just in diesen Moment. Mit einigen normalen Hindernissen, Stop&Goes, bei Pinkel-Pausen verfahren, landen wir gegen 19:00 Uhr, zwei Länder weiter in Bratislava. Durch einen zufälligen dummen Blick an der Ampel und etwas verkehrswiedrigen Verhaltens, stehen wir auch schon vorm besagten Club „Subclub“, des heutigen Abends. In diesem Moment schlägt wieder die Realität gnadenlos zu und wir müssen uns mit dem Parkplatz Wächter und Kleinkriminellen vor dem Club rumstreiten. In so einem Moment kommst du meistens nicht durch mit Deutsch, Englisch oder Ignorieren. Das einzige was hilft, sind die 10 Euro vom Veranstalter fürs Parken und der Wächter ist schlagartig verschwunden. Er sprang rein in seine fette Karre und machte gleich in diesem Moment, Sprichwörtlich „Feierabend“. Der Club ist in einem Berg reingebaut und gehört zu den Kellerkatakommden und Verließen der dazugehörigen Burg, direkt darüber auf dem Berg. Die uns im Scheinwerferlicht bei Dämmerung anstrahlt und uns erstmal Sprichwörtlich „erblassen lies“. Alles raus aus der Karre, Aufbauen, Essen fassen und ankommen. Das Publikum erweist sich mehr als International an diesen Abend und man trifft den einen oder anderen Bekannten aus manch EU oder nicht EU Ländern. Alles in allem ist die Stimmung mehr als gelassen und so genießen wir die Bands, den Laden und die Gäste in so vollen Zügen, wie es nur geht an diesen Winterabend, weit in der Ferne. Mit Olaf geht es dann nochmal in die Innenstadt, um was zu Essen und wir bereuen es jetzt schon, das wir morgen früh wieder verschwunden sind und nicht viel von dieser Stadt sehen werden. Um 4:30 Uhr crashen wir alle im Hostel ins Bett, nachdem Andy ein schönes Solo auf den Bürgersteig vor dem Hostel hinlegte und wir gefühlte 2 Stunden damit verbrachten, den Bus auf dem Hof zu parken und nicht dabei in das riesen große Schlagloch zu fahren, was direkt in der Mitte auf dem Hof war. Als wir unsere beiden Zimmer für diese Nacht bezogen haben, schließt sich auf einmal die Haustür auf und eine kleine Asiatin legte sich ich in ein Bett, von den einem Zimmer. Was wird wohl bloß in Ihr vorgegangen sein als sie mitbekam, dass sie mit uns dieses Zimmer teilen muss??? Gegen 5:00 Uhr in der Früh war Zapfenstreich und um 9:00 Uhr klingelte wieder pünktlich der Wecker. Alle Autos waren auf diesem zu engen Hof verschwunden und nur unser Bus stand neben dem Schlagloch rum, das jetzt von ein zwei Bauarbeiter geflickt wurde. Die beiden Jungs höflich im frommen Ton zur Seite getrieben und ab ging es wieder auf die Straße zurück, ganz ohne Kaffee und Frühstück. Ihr seht also, so ein Rock `n` Roll Leben ist doch nicht immer so Glamourös wie man es sich gerne vorstellt und hätte. Gute 60 km hinter Bratislava kurz vor Brno machten wir an einer Raststelle halt, tanken und nahmen eine mehr als ausgewogenes Mittag/ Frühstück, incl. Kaffee ein. Das Restaurant wurde auch gleich mal schnell zur Disko umgewandelt und zu Soul II Soul ihren alten Hit „Back to life“, wurde mehr als ausgiebig abgetanzt. Außer Andy! Der noch extrem vom Vortags-Solo litt. Nett war auch, dass der eine Pommes bestellte, der nächste Bratkartoffeln und bekommen haben sie alle nur Kartoffelecken außer Arny, der sich über seine Pommes glücklich schätzen durfte. Bei besten Sonnenschein und der neuen Secret Army Scheibe in voller Lautstärke, ging es weiter in Richtung Prag. Mehr Feeling kann es nicht auf Tour geben, als Sonne, Sau gute Mucke und entspannte glückliche Tourbus-Insassen. Kurz vor der sächsischen Grenze nach über 24 Stunden auf engsten Raum, wurde nun schon mehr als alles dreimal gesagt und die pure Langeweile macht sich breit. Genau in solchen Momenten beginnt das nur noch dusslige Gequatsche. Das ist bei jeder Band, in jeder Musikrichtung, aus jedem Land so. Das kann einfach keiner bestreiten! Man erschreckt sich dann doch sehr darüber, was alles für geistiger Dünnschiss aus einem so raus kommen kann und wie sehr sich das in der Gruppendynamik aufpauschen und verselbständigen kann. „Shit happens!“ Meine Worte dieses Wochenendes und der Himmel wurde wieder düster, die Straßen wieder Schneebedeckter und die Verhältnisse wieder typisch Deutsch. Im nass kalten Brückenkopf von Torgau angekommen, fühlten wir uns mit Olaf irgendwie, garnicht heimisch. Der Kopf war noch tief im Gedanken. Zum einen in Bratislava und zum Anderen ein paar Stunden wieder weiter, zu Hause bei den Familien. Auch hier traf man wieder das ein oder andere bekannte Gesicht. Die Jungs von High Society spielten solide ihr Set als Opener runter und bei der dritten Band „Telekoma“ verließen wir auch schon wieder Torgau bei Schneetreiben. Noch bevor uns der Headliner des Abends, „Blutiger Osten“, seine Hass predigten ins Ohr brüllen konnte. In Torgau ist Punk definitiv nicht Dead! Das Fazit, dieser kurzen Stippvisite für mich. Bei glatten und verschneiten Straßen ab durch die sächsische Pampa, stand nun auf dem Programm. In Dresden früh morgens um 2:00 Uhr die Jungs von High Society vor ihrem Proberaum wieder rausgeworfen, verließen wir nach mehreren Angeboten hierzubleiben, wieder die sächsische Hauptstadt, auf den Weg ab nach Brandenburg zurück. „Home sweet Home!“, ist und bleibt, einfachmal Fakt! Nur das einige Leute egal wo, einfach von zu Hause zu wenig raus kommen und somit keinen neuen Input kriegen. Sich ihr Horizont nicht erweitert und sie in ihrer hinterwäldlichen, behüteten Lethargie einfach abstumpfen und abflachen. Aber wie gesagt; „Shit Happens!“ und nicht mein „Cup of Tea!“. In Cottbus im Blitzer gingen dann im wahrsten Sinne des Wortes unsere 15 Euro Trinkgeld förmlich in Licht auf und es bewies einmal mehr, dass Leben mag einfach keine Gewinner. Scheinbar nur Verlierer, die den Leistungsdruck des Alltages gewachsen sind! ;-)“ Um 6:30 Uhr läuft der Steelliner (Tourbus) sicher in den Heimathafen ein. Aus dem Tagebuch: „Ein Leben auf der Überholspur!“

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