Pogorausch 2016 – Festivalbericht

Das letzte Mal auf dem Pogorausch (goldene Himbeere in der Kategorie „Namensgebung“) Festival war ich wohl 2014. Dort vor allem um die absolut genialen GIUDA zu sehen. Da war ich wohl nur an einem Tag, dem Samstag, in der großen Halle. Dieses Jahr sollten es zwei Tage werden, weil am Freitag BONECRUSHER und am Samstag THE BABOON SHOW. Die zwei Bands waren die Hauptmotive die Reise nach München anzugehen, wobei sich noch ein paar andere mehr oder weniger interessante Bands im Lineup tummelten. Nachdem vom Freundeskreis fast keiner Zeit hatte, weil die Ü30 Fraktion halt auch am Wochenende meist mit Terminen zugepflastert ist (ein Hoch auf das Familienleben), befürchtete ich schon die Fahrt nach München alleine antreten zu müssen, doch als BONECRUSHER Fan der ersten Stunde war der Jürgen natürlich mit dabei.

 

 

Freitag 07.10.2016

Erklärtes Ziel für den Freitag war für mich pünktlich um 19:30 anzukommen, um BOVVER 96 (Philadelphia – USA) zu sehen. Nachdem wir die Schlange an der Kassa mit italienischer Dreistigkeit/Ignoranz gekonnt übersprungen hatten, kamen wir auch pünktlich zu Beginn in die kleine Halle. An sich sind BOVVER 96 eine klassische Oi! Band mit Frauen Gesang, nichts unbedingt weltbewegendes, aber für mich mit einem besonderen emotionalen Bezug, weil ich deren Album „96 Bottles of Beer“ –  natürlich vom Lucky überspielt –  vor ca. 20 Jahren hoch und runter gehört habe. Teile der Band leben angeblich in Berlin und somit wollten sie es wohl noch mal wissen. Die Band dürfte wohl recht zusammengewürfelt sein, zumindest fand sich an den Drums der „short notice – Schlagzeuger“ des Punkrocks, auch bekannt als EASTSIDE BOYS Drummer. Der war von der Instrumentalsektion dann erstaunlicher Weise auch der fitteste, der Gitarrist hingegen schien stellenweise nicht zu wissen was er mit diesem Stück Holz an dem 6 Saiten hängen machen soll – wenn ich da nur an die „Soli“ = „eine Note klingen lassen“ denke und sogar das klang noch schräg. Die Originalsängerin hat sich wiederum gut durchs Set gesungen und hatte sichtlich Lust am Musik machen. Insgesamt aber wirkten die BOVVER 96 nicht eingespielt, oft wurden zwischen, während und auch am Beginn von Liedern ratlose Blicke miteinander gewechselt, so nach dem Motto „he, was spielst du da überhaupt“… das kannte ich bis jetzt nur von R.o.S (aka REJECTS OF SOCIETY) Shows. Bissl mehr Proberaum wäre da angesagt gewesen, schade, war dann doch eher ein enttäuschender Start.

Danach kamen SNIPER 66, die ich bis auf ein paar Mp3s noch gar nicht so kannte. Machten einen soliden Eindruck, druckvoller Punkrock aus Texas. Holten sich dann auch den Sucker von OXYMORON und spielten einen…genau…OXYMORON Song zusammen: „Lifes A Bitch“. Auf jeden Fall war das ein erstes Highlight. OXYMORON sollten mal wieder eine ausgiebige Reunion Tour spielen, da wäre ich auch dabei.

SEASIDE REBELS hatten bei uns sogar 2 Songs lang eine Chance, bevor wir lieber raus in die Kälte gingen. Das Songwriting wirkte sehr langatmig, ein Refrain wird halt nicht eingängiger, wenn man ihn 20x wiederholt und auch die häufig eingesetzte Leadgitarre kann bei der Basis dann nicht mehr viel richten. Wenn man zu wenige gute Riffs hat, macht die Songs einfach kürzer, weniger Wiederholungen und gut ist, dann hält auch der Spannungsbogen, der sich ansonsten irgendwo zwischen Theke und Kloschüssel verliert. Aber vielleicht bin ich jetzt auch zu hart in meinem Urteil, wie gesagt sie hatten ja nur zwei Songs lang (wenns überhaupt so viele waren) eine Chance bei uns – Geduld und Toleranz (musikalisch gesehen) war eigentlich am gesamten Festivalwochenende nicht wirklich unsere Stärke.

Dann eine positiv Überraschung aus Vorarlberg (Ö) die SIR PSYKO AND HIS MONSTERS, feiner Psychobilly, der sich international sicher nicht verstecken braucht. Der wechselnde Gesang sorgt bei ihnen für eine gute Dynamik und sie haben auch ein Gespür für gut gesetzte sing-along Parts. Das Publikum ist bei ihnen auch gut mitgegangen, hat Spaß gemacht.

Mit „We The People“ ging es dann bei BONECRUSHER los. Vom ersten bis zum letzten Song die volle Ladung kalifornischer Dampfwalzen Punk! München war der Auftakt ihrer Show und dementsprechend waren die Jungs bzw. älteren Herren recht motiviert. Als wirklich jung kann man wohl nur die Nachbesetzung am Schlagzeug und am Gesang bezeichnen, die haben ihre Sache aber auch gut gemacht. Sie haben ihre Songs auch erwartungsgemäß live gut umgesetzt, keine lange Ansagen, die brauchen BONECRUSHER nicht, sie lassen lieber ihre Musik für sich sprechen. Das ist auch gut so, denn mit der Hitdichte, die sie in ihrer Diskografie vorweisen können, ist jede Minute ihrer Spielzeit wertvoll. Hier eine kurze Auflistung an Songs, welche sie unter anderen gespielt haben:

We The People, Good Life, Angry Youth, Fight For Freedom, Followers Of A Brutal Calling, Poverty, Hell I` ve Already Been There (sweden elke, erika), Pornstar, Rejected, Gotta Believe, Tomorrow Is To Late.

Sie haben sich somit ziemlich durch ihre Diskografie gearbeitet, nur das „Saint and Heroes“ Album wurde anscheinend ausgelassen, wobei da wären ja auch ein paar Kracher oben. Skurril wurde es bei  „Hell I´ve Already Been There“, da kam dann irgendeine Schwedin auf die Bühne, sang die ganze Zeit wild gestikulierend Mike direkt ins Gesicht und wirkte insgesamt etwas emotional instabil. Naja, bin ja nicht bei der Arbeit hier. Ansonsten durfte der Gitarrist noch ausgiebig auf der „crowd surfen“, wie sich das für Kalifornier gehört. Das Publikum hat mitgesungen, war glücklich und die BONECRUSHER haben voll abgeräumt. Eigentlich sollte man 1x/Monat ein BONECRUSHER Konzert besuchen, als Ausgleich zum Alltag – Fäuste in die Höhe und ab geht’s ! Manko: als einzige Band auf dem gesamten Festival hätte es bei BONECRUSHER ruhig noch etwas länger gehen können!

LIONS LAW haben wir uns dann geschenkt, zwar eine gute Band, aber da gibt es sicher noch mehr Möglichkeiten die mal live zu sehen, sind ja noch jung und touren immer wieder fleißig. Für mich war es auch schon ein langer (Arbeits)Tag gewesen dazu noch ca. 2 Stunden Fahrt zurück nach Innsbruck, d.h. so um ca. 3 Uhr waren wir wieder in IBK. Mit dem Chorus von „Gotta Believe“ im Ohr bin ich dann zufrieden eingeschlafen.

 

Samstag 08.10.16

Erste Nachricht: BOOZE AND GLORY fallen wegen Krankheit aus. Ok, für mich jetzt kein Weltuntergang, das „Trouble Free“ Album finde ich zwar ziemlich gut, aber insgesamt sind mir die fast ein bisschen zu glatt. OLD FASHIONED IDEAS, EAST SIDE BOYS und RUDE PRIDE waren für uns keine Pflichttermine, so starteten wir dann in IBK so, dass wir pünktlich zu LEGION 76 in München waren. Jürgen wollte die unbedingt sehen, ich hatte die nicht so auf den Schirm, sollte sich aber ändern. Kurz noch mit dem luxemburgischen Weltenbummler a.k.a. Schorsch ein Bierchen getrunken und dann rein in die große Halle. Heute war neben Contra auch Randale Rec. mit einem Stand am Start, so dass man kurz noch ein bisschen was für die Wirtschaftsankurbelung getan hat. LEGION 76 spielten dann ein recht zügiges Set, Street Rock  & Roll der besseren Sorte. Die Singles lohnen sich auf alle Fälle, für mich eine positiv Überraschung des Festivals. Sie bewiesen auch guten Musikgeschmack, denn sie coverten „We´re Not Stopping Now“ von den WRETCHED ONES, zwar ca. doppelt so schnell, aber beim Refrain erkannte man dann um welchen Song es sich handelt. Anregung an die Festivalorganisatoren: holt bitte, bitte die WRETCHED ONES nach München – make it happen!

So, DIRT BOX DISCO betraten dann kostümiert und geschminkt die Bühne. Funpunk aus England. Wenn bei so Bands das  Augenmerk mehr auf dem optischen liegt, leidet meist die Musik darunter, aber die DIRT BOX DISCO waren jetzt gar nicht mal so schlecht. Melodischer Punkrock, manchmal auch ein bissl härter, erinnerten insgesamt stark an die DWARVES, wobei die sich musikalisch schon noch eine Liga darüber befinden. Nach einer halben Stunde war für uns aber klar: „so, sind ganz ok, jetzt könnten sie es aber auch mal wieder lassen“. Diesen Satz habe ich mir bei den meisten Bands gedacht – Ausnahme: BONECRUSHER. Länger als 45 Min. brauch ein knackiges Punkrockset eigentlich nicht zu sein, außer es wird viel gelabert zwischen drinnen usw.

PERKELE füllten dann die Halle recht gut. Als ich sie 2014 beim Pogorausch gesehen habe war ich eigentlich  überrascht wie die Leute bei denen abgegangen sind. Ich dachte mir damals, dass die ihren Zenit schon überschritten hatten, aber nein, es herrschten schon fast COCK SPARRER ähnliche Zustände, jeder hat lauthals mitgesungen. Umso überraschter war ich, dass PERKELE auch 2016 noch ziemlich angesagt beim Publikum zu sein scheinen. Ich glaube ich habe so 2010 mit „Forever“ den Bezug zu ihnen verloren, wobei das darauffolgende Album „A Way Out“ wieder ein paar gute Songs enthielt. Wirkten live aber wieder recht routiniert und souverän. Aber eine 10 Minuten Version von „Heart Full Of Pride“ brauch echt kein Mensch. Vor allem 5 Min. a capella Gesang mit dem Bassisten als Orchesterdirigent ist peinlich – dürfte auch nur weit über der 4 Promille Grenze funktionieren.

Jetzt aber Bühne frei für das Energiepaket aus Schweden: THE BABOON SHOW! Spätestens sei „Punkrock Harbour“ auch in Kontinentaleuropa bekannt und beliebt, zeigten die Schweden und Schwedinnen was live alles möglich ist, wenn man gute Songs, musikalische Fertigkeiten, eine professionelle Haltung und eine erprobte Bühnenshow hat. Die Sängerin flitzte nur so herum und hat immer wieder – auch körperlich – den Kontakt zum Publikum gesucht, so dass der Funken von der Bühne ein Feuer vor der Bühne entfachen konnte. Die Songauswahl fand ich ebenfalls sehr gelungen, auf das Intro „Class War“ folgten dann noch so Kracher wie „Faster Faster Harder Harder“, „You Got A Problem Without Knowing It“ , „Punkrock Harbour“, „Working All Night And Day“, „Me Myself And I“, „Straight From The Heart“ u.a. Wobei THE BABOON SHOW nicht nur musikalisch ein gute Mischung aus garagigen, poppigen und punkigen Elementen – der gemeinsame Nenner bleibt natürlich immer beim Punkrock  – bieten, sondern sie haben bei ihren Auftritten auch eine gute Mixtur. So sang in München z.B. der Gitarrist manche Songs, der Drummer durfte bei einer Einlage auch seine Gesangskünste vorführen etc. Bei „Playing with Fire“ gab es z.B. eine spanische Gesangseinlage vom Gitarristen, bei einem anderen Song durfte er auch die Leadvocals übernehmen und die Sängerin Cecila nutzte die Gelegenheit um sich vom Publikum zur Bar tragen zu lassen. „I Am A Rebel“ (Accept bzw. AC/DC) wurde auch noch gecovert und mit der Zugabe „Heidi Heidi Ho Ho“ wurde das geniale Konzert beendet. Eine rund um gelungene Show, Danke!

Fazit: Es hat sich gelohnt die Strapazen auf sich zu nehmen und nach München zu fahren. Für mich hätte auch die Hälfte der Bands gereicht, z.B. ein Tag mit LEGION 76, SNIPER 66, LIONS LAW, BONECRUSHER und BABOON SHOW , aber das ist Geschmackssache. War schon ok so, mit 50 Euro für das 2 Tage Festivalticket befindet sich das Pogorausch im Punkrock Bereich sicher aber mittlerweile am oberen Ende der Fahnenstange, da sollte/könnte man sich langsam überlegen, ob man die Anzahl der Bands fürs Line Up nicht etwas reduziert. „Less Is More“ heißt es so schön und ist  nebenbei auch noch eine gute Compilation einer Band, die es hoffentlich bald auf dem Pogorausch zu sehen gibt 😉

(VOTS)

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