LOCKENKOPF CORONA SPEZIAL # 1: TURBOLOVER-INTERVIEW!

Minus und Minus ist Plus! Auch in Hütte funktioniert mathematisches Grundwissen noch proplemlos und wenn ein Desaster das nächste Jagd, muß auch irggendwann mal wieder Licht am Ende des Tunnels sichtbar werden. Das Beste aus der momentanen Misere machen. Zweimals Minus (Keine Konzerte, keine Arbeit) bedeutet auch ein dickes Plus: FREIZEIT!

Also: Wenn Andere in Schockstarre verharren, erwacht der umtriebige Lockenkopf zum Leben, wandelt negative Grundstimmung in positive Energie. Ganz ohne Zauberei! Thomas Lockenkopf greift wieder zur Feder, beamt das gute alte LOCKENKOPF-Zine in digitale Sphären und fragt ganz neugierig Bands aus. Los gehts, LOCKENKOPF CORONA SPEZIAL, Pt. 1:

LOCKENKOPF befragt TURBOLOVER aus Berlin:

Corona stellt nicht nur die Welt von einem Tag auf den anderen komplett auf den Kopf. Nein, es öffnet auch die Türen für neue Wege, oder wie in meinen Fall, für alte Taten. Nach 5 Jahren Abstinenz führe ich wieder Interviews. Diese Fragen beantwortete mir ganz lieb der Frank in nicht mal 24 Stunden. Corona sei Dank oder doch eher Frank sei Dank. Wie dem auch sei und los gehts:

Gehe ich auf ein Turbolover Konzert, fühle ich mich im Vakuum der Zeit gefesselt. Ob musikalisch, aber auch von den Gästen her, sehe ich mich in den wilden 90er wieder. Nichts muss, alles ist möglich. Grenzen sind noch nicht ausgelotet. Toleranz wird noch groß geschrieben und der Dialog wird dabei stets aufrecht gehalten. Ist euch das auch schon mal so aufgefallen?

Puh, das ist ja eine fast schon philosophische Einleitung zu der Frage. Wir nehmen das mal als Kompliment, das mit den 90ern. Tja, war eine richtig gute Zeit damals. Die ganzen bescheuerten Diskussionen, die heute so geführt werden, gab es damals nicht. Jeden Abend ging es los, um sich zu amüsieren und die Sau rauszulassen. Zu unseren Konzerten kommen wahrscheinlich zumeist auch solche Leute, die noch genauso drauf sind. Neulich in Rostock war es da ganz großartig von der Stimmung her und in Schmachtenhagen ebenfalls. Das ist irgendwie immer wie Klassentreffen, hat Max von Oi! The Nische kürzlich gesagt. Da stimmen wir ihm zu.

Ohne große PR-Agentur oder fettem Label im Nacken, macht ihr solide in den letzten zwei Jahrzehnten in Eigenregie eure Musik weiter, ohne großes Wenn und Aber. Nun bei eurem aktuellen Album „Skins of Metal“ sehe ich, dass sich dieser lange Weg für euch gelohnt hat und ihr könnt nun ein wenig die Ernte einfahren, die ihr jahrelang gesät habt. Frank, gib uns mal bitte einen aktuellen Lagebericht zum neuen Output.

Auch beim Plattenveröffentlichen wollen wir diesen 90er Geist bewahren. Kein Label, keine Werbekampagnen oder Gewinnspiele, sondern alles selber gemacht, selber bezahlt und natürlich auch selber entworfen. Dieser Selbermach-Gedanke ist irgendwie ein wenig verloren gegangen. Alle sind professionell, haben riesige Merch-Stände, es gibt Festivals und Konzertagenturen. Ist natürlich gut, dass sich alles weiterentwickelt hat. Nur leider ist dabei etwas der Charme des Untergrunds auf der Strecke geblieben. Das ist bedauerlich und deshalb versuchen wir, ihn bei uns zu bewahren. Damit macht man natürlich keine großen Sprünge und verkauft nicht so viele Platten.
Bei unserer aktuellen Platte haben wir dann aber auch mal tief in die Tasche gegriffen und uns mit Harris Johns einen Top-Aufnahmeleiter und Produzenten von Rang und Namen gegönnt. Das hört man der Platte auch an, denke ich. Und LP und CD laufen auch gut.

Wenn ich eins immer wieder feststellen muss, dann ist es, dass ihr definitiv nicht euren Humor in all den Jahren verloren habt und ihn sehr gut in euren Liedern vertonen könnt. Ein Fakt, mit dem nicht mehr jeder in dieser heutigen Zeiten klar kommt. Habt ihr wegen euren Texten auch öfters mal Diskussionen oder Anfeindungen nach den Konzerten oder hält sich das eher in Grenzen und euer Publikum weiß worauf es sich einlässt?

Anfeindungen gibt’s eher selten. Mittlerweile hat sich wohl rumgesprochen, wie wir so drauf sind und die ganzen Bilderbuchskinheads und ultraharten Extremisten meiden uns, wie der Teufel das Weihwasser. So ab und an kriegen wir aber schon mit, dass sich in diversen Foren unheimlich aufgeregt wird über den einen oder anderen Text. Das ist ja durchaus beabsichtigt. Wobei wir bei manchen Texten selber nicht so ganz sicher sind, ob sie nun humoristisch oder ernst gemeint sind. Eine Geschichte gab es auf jeden Fall, die im Gedächtnis haften geblieben ist: Da hat mal bei einem Konzert das gesamte Publikum geschlossen den Saal verlassen, während wir gespielt haben. Hinterher gab´s dann noch irgendwelche erfundenen Horrorgeschichten im Netz. Die sind anscheinend mit unserem Humor nicht klar gekommen. Dafür haben wir an dem Abend aber die Leute von Subculture Squad kennengelernt. Das war echt super!

Ich glaube nicht, dass ihr als Band jemals große Pläne gemacht habt. Aber falls ihr es wirklich nochmal in diesem Leben in Erwägung ziehen wollt und eine Tour in Angriff nehmen möchtet, würde ich mich jetzt hier sofort auf der Stelle als Tourbusfahrer samt Wagen bereit stellen.

Super! Sehr gerne! Ich denke aber, dass das wahrscheinlich erst passieren wird, wenn wir in rente gehen und die Kinder aus dem Haus sind. Ist halt „nur“ ein Hobby. Lustig wäre es auf jeden Fall! Wir merken uns dein Angebot vor!

Wie fühlt ihr euch als DDR Kinder, wenn ihr in den heutigen Tagen durch Ost-Berlin lauft?

Oh Gott, falsche Frage! Da ist fast nichts mehr geblieben. Mittlerweile ist die Stadt eine Mischung aus Ballermann, Disneyland und Woodstock. Unvorstellbar, dass Mitte und Prenzlauer Berg mal die Zentren der Subkulturen waren, nach der Wende. Müll, Touristen, Hipster, Klugscheißer, Krawallgymnasiasten und -studenten, Mietspekulanten und eine völlig verloren gegangene Kultur. Das ist Berlin heute. Schade drum! Die meisten guten Leute sind an den Stadtrand gezogen oder noch weiter weg. Aber es ist und bleibt unsere Heimat. Deswegen erduldet man vieles. Um deine Frage zu beantworten: Es ist ein sehr trauriges Gefühl, durch Ostberlin zu gehen. Aber immerhin nicht ganz so traurig, wie durch Westberlin …

Könnt ihr euch überhaupt noch ein Leben vorstellen, ohne dabei selber Musik zu machen?

Eigentlich nicht, wobei das Musikmachen meist nebenher passiert, meist erzählen wir eine Haufen Unfug und albern rum. Die Musik ist schon wichtig, aber das Treffen und Labern mindestens genauso. Ist auch immer sowas wie ein Kurzurlaub von der Realität, wenn wir uns treffen.

Vielen Dank für die kurze Aufmerksamkeit. Ich hoffe, wir sehen uns bald in Krisen freie Zeiten wieder und sind der Zukunft dabei stets zugewandt. Was würdet ihr den jungen Leuten in der Szene am liebsten mit auf dem Weg geben??? …mit stahlharten Grüßen aus Good Old Hütte!

“Keep it hard, keep it heavy!” hat Matthias Hopke früher bei DT64 am Ende der Tendenz Hard bis Heavy immer gesagt. Dem gibt es nichts hinzuzufügen“.

Zu den diversen TURBOLOVER-Tonträgern geht es HIER

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